Zusammenfassung des 2010 IWWK Seminar
31 Teilnehmer aus sechs Ländern versammelten sich vom 24.5. bis 27.5. im Heiligenhof in Bad Kissingen zum 2010 Seminar
des Internationalen Willi-Wanka-Kreises. Das Seminar behandelte das Thema "Welche Hoffnungen haben die Heimatvertriebenen
heute?". Zuzufügen wäre: "Nach dem Scheitern des Versuchs des BdV, ein deutsches Zentrum gegen Vertreibungen
zu errichten".
Dr. Tomislav Sunic[1] (Zagreb) referierte über "Lehren aus Kroatiens Kriegserfahrungen." Er stellte einen Zusammenhang zwischen
beiden Kriegen Kroatiens im 20. Jahrhundert her. In einem kausalen Nexus war der Krieg 1991-1995 eine direkte Folge schlecht
bewältigter Nachkriegserfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg.
Während und besonders nach dem Zweiten Weltkrieg hat Kroatien, als letzter Verbündeter Deutschlands, schwer für
den verlorenen Krieg büssen müssen. Es hat hunderttausende seiner Eliten und seiner Zivilbevölkerung verloren.
Seine ganze Mittelschicht war 1945 von titoistischen Kriegsgewinnern ermordet worden.
Die Nichtbewältigung der Nachkriegserfahrungen des Zweiten Weltkriegs hat zwei Gründe. Erstens: Eine Untersuchung
der nach 1945 stattgefundenen Massen- und Völkermorde nach dem Zweiten Weltkrieg durch jugoslawische und andere Historiker
hätte ein schlechtes Licht auf die westlichen Allieerten wegen ihrer Duldung dieser völkerrechtswidrigen Verbrechen
geworfen. Zweitens besitzen die heutigen Politiker in Kroatien ein solides Pedigree aus den Zeiten des Kommunismus, der dem
Zweiten Weltkrieg auf dem Fusse folgte. Sie können trotz ihrer jetzigen ultra-liberalen Phraseologie ihre kommunistischen
Lehrjahre kaum verbergen. Grosse Teile der Öffentlichkeit haben sich von einem schnell verdauten Jugokommunismus und
noch schnellerem fingierten kroatischen Nationalismus in Rekordgeschwindigkeit in den letzten Jahren zu einem nachgeäfften
westlichen Liberalismus umgeschminkt.
Schuld an
den Kriegsereignissen in Ex-Jugoslawien vor 15 Jahren waren keine fanatischen Nationalisten, sondern die ehemalige kommunistische
Elite die, unterstützt von der internationalen Gemeinschaft, nie versucht hat, die nationale Fragen Jugoslawiens zu lösen
und die nie die Courage hatte, über die ethnischen Säuberungen nach 1945 zu reden. Der Unabhängigkeitskrieg
von 1991 wird in den Medien kritisiert, gleichzeitig aber von den Politikern hoch gepriesen; der Krieg wird von allen Parteien
als Heimatkrieg definiert während gleichzeitig hohe kroatische Offiziere sich vor dem Haager Gericht verantworten müssen.
Diese schizoide Lage bezüglich der kroatischen Kriegserfahrung hat ihren Preis. Der Druck der westlichen Wertegemeinschaft
und der kroatische allgemeine Wunsch eines EU Beitritts sind so gross, dass die heutigen Politiker Schwierigkeiten haben,
Kroatiens Identität zu erkennen. Sie zeigen sich der Welt als Ultrademokraten und Antifaschisten; sie ersetzen die ehemalige
Unterwürfigkeit vor Belgrad durch eine Unterwürfigkeit vor Brüssel; sie distanzieren sich von irgendwelchem
Nationalismus und ganz besonders vom Kroatien des Zweiten Weltkriegs; die grossen von Kommunisten am kroatischen Volk nach
1945 begangenen Massaker werden offiziell verschwiegen. Der kroatische parlamentarische Ausschuss für die Untersuchung
der Opferzahlen nach dem 2. Weltkrieg wurde im Jahre 2001 aufgelöst. Man kann daraus schliessen, dass bei den alten ehemaligen
und heute pensionierten kroatischen Partisanen wie bei ihren Nachfolgern kein besonderes Interesse besteht, ihre kommunistische
Vergangenheit zu erforschen.
Somit ist die Thematisierung des Zweiten Weltkriegs in Kroatien, ähnlich
wie in Deutschland, ein Fach der sogenannten "Rechtsradikalen", "Revanchisten" und "Revisionisten"
geworden. Immer besteht die Gefahr, dass jemand, der einen kausalen Nexus zwischen den kommunistischen und anderen Völkermorden
von 1945 und den ethnischen Säuberungen vom jugoslawischen Bürgerkrieg sucht, als "Rechtsextremist" gebrandmarkt
wird.
Das ist bedauerlich, denn hätten die
Meinungsmacher und die Historiker im kommunistischen Jugoslawien, aber auch im Westen, offen über die nach dem Zweiten
Weltkrieg von Kommunisten begangenen Völkermorde an Kroaten und Donaudeutschen berichtet, wären die im Krieg in
den neunziger Jahren stattgefundenen Massaker vermieden worden.
Die gigantischen Morde der Kommunisten im Sommer 1945 an der Zivilbevölkerung, insbesondere an der kroatischen und volksdeutschen
Mittelschicht, sind in Kroatien noch nicht bewältigt. Zwar gab es in den neunziger Jahren eine Versöhnungsgeste
seitens der Tudjman-Regierung, die die menschenrechtswidrigen AVNOJ (Antifaschistischer Rat der Nationalen Befreiung Jugoslawiens)
Gesetze ausser Kraft gesetzt und die Rechte der Volksdeutschen wieder her gestellt hat, aber man spricht heute über die
Leiden der Volksdeutschen nur in geschlossenen Zirkeln; ausser ein paar Experten auf diesem Gebiet wissen nur wenige in Kroatien,
was eigentlich mit hundert tausenden Donauschwaben in Jugoslawien nach 1945 geschehen ist. Trotzdem muss betont werden, dass
Kroatien im Hinblick auf eine Aussöhnung zwischen Vertreibern und Vertriebenen der Tschechischen Republik, wo die Beneschdekrete
nach wie vor gelten, weit voraus ist.
Obwohl der
jugoslawische Bürgerkrieg 1991-95 das Identitätsfundament Kroatiens war, der die Nation und alle ihre nachkommunistischen
Parteien zu völkerrechtlichem Bestand geführt hat, sind heutzutage die meisten der kroatischen Politiker und Medienleute
anational und denken antikroatisch. In der Tat hat Kroatien im völkerrechtlichen Sinn wenig gewonnen. Das Land ist heute
nur halb-souverän, und die Frage ist berechtigt, ob es sich für die Kroaten gelohnt hat, aus Jugoslawien auszuscheiden,
weil Kroatiens Souveränität heutzutage nicht in Zagreb, sondern in Brüssel und Washington ausgeübt wird.
Die politischen Kreise in Kroatien, und ebenso
in Deutschland, kennen die Geschichte der Nachkriegszeit sehr gut. Aber sie haben ein Interesse daran, zu schweigen und glauben,
nur ein selektives Geschichtsbewusstsein an den Tag legen zu müssen. Zwar herrscht in Kroatien mehr akademische Freiheit
zur Historiographie des Zweiten Weltkriegs als in Deutschland. Aber es ist zu befürchten, dass mit der EU Kandidatur
auch Kroatien bald ein Opfer sogenannter "Normalisierung" und "Selbstzensur" sein wird.
Es scheint anachronistisch, die Opfer des jüngsten Krieges zu beklagen und ihre Vollstrecker, zum Beispiel Milosevic
und Karadzic vor den internationalen Gerichtshof zu zerren und zur gleichen Zeit die Taten ihrer Vorbilder Tito und Benesch
zu ignorieren. Dabei sind Karadzic, Milosevic und die anderen Drahtzieher des letzten Krieges auf dem Balkan nichts mehr als
kleine Lehrlinge der ehemaligen kommunistischen und nichtkommunistischen Partisanen aus jugoslawischen und tschechoslowakischen
Nachkriegssystemen, deren Greueltaten von der westlichen Wertegemeinschaft seit 65 Jahren nicht nur nie angeprangert, sondern
gelegentlich sogar gepriesen worden sind.
Kommunistische Massen- und Völkermorde nach dem Zweiten
Weltkrieg hatten einen Rückgang der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung im kommunistischen Kroatien, einem Teil
Jugoslawiens. Ähnliches gilt für Polen und die zunächst "demokratische" Tschechoslowakei unter Benesch.
Die Völkermorde bestimmten gleichzeitig die Historiographie, die wiederum den Bürgerkrieg 1991 in Ex-Jugoslawien
beeinflussten.
Obgleich der letzte Krieg 15 Jahre
zurück liegt, hat sich auf psychlogischen, politischen und völkerrechtlichen Ebenen nichts geändert. Alle Völker
und Völkerschaften des ehemaligen Jugoslawien leben, ähnlich den Polen und Tschechen, noch immer im eigenen Mythos
und betrachten sich als Opfer der Anderen. Ohne eine kritische historische Analyse des kausalen Nexus zwischen den Ereignissen
nach 1945 und den Ereignissen im Jahre 1991 in Ex-Jugoslawien und anderswo wird es keine Ruhe geben.
Ein kleines Randvolk wie die Kroaten wird nie eine grosse Rolle in der hohen Politik spielen, da alles, was sich in Berlin
abspielt, anschliessend in Zagreb nachgeäfft wird. Berlin wiederum schaut nach Washington bevor es handelt. Sollte Deutschland
in der Zukunft einmal seine geistige und völkerrechtliche Unabhängigkeit zurück gewinnen, wird das automatisch
sich auf Kroatien auswirken. Zur Zeit sind beide Staaten leider verpflichtet, päpstlicher als der Papst zu sein, das
heisst, mehr Aufmerksamkeit der Opferlehre der anderen zu zollen, als Sympathie für die eigenen Opfer zu entwickeln.
So lange die Beneschdekrete in der Tschechischen Republik und ähnliche Gesetze in Polen Gültigkeit haben, stellt
sich die Frage, ob nicht eines Tages diese Dekrete als ein gutes Alibi für einen neuen Krieg in Europa benutzt werden
können. Warum sprechen wir über Milosevics Missetaten und nicht über jene von Benesch, einem Liebling
des Westens, der heute in der Tschechischen Republik als Nationalheld gefeiert wird?
Wir leben heute im Zeitalter von Opferlehren, von denen einige sich zu Zivilreligionen entwickelt haben. Jede Opferlehre ist
immer auf die Opfer anderer Völker ausgerichtet und damit nichts anderes als eine Fortsetzung des Krieges. Alle Opferlehren
sind höchst konfliktreich - sie führen nicht zur Versöhnung sondern zu neuen Kriegen. Eine dieser Opferlehren
bezieht sich auf nichteuropäische Opfer, nicht aber auf die Opfer unserer eignen Völker. Heute gibt es in der Opferlehre
eine Hierarchie der Toten. Es ist kein Zufall, dass in dieser immensen Opferlehre aussereuropäische Völker und ihre
Opferlehre immer Vorrang haben sollen.
Wir sollten
uns daran erinnern, dass deutsche und kroatische Nachkriegsverluste an der Zivilbevölkerung sehr hoch waren, die unser
Gedenken verdienen. Ihrer zu gedenken ist keine politisch angeordnete Pflicht, sondern unsere Zivilpflicht.
Dr. Rudolf
Pueschel[2] wählte für seinen Vortrag den Titel: "Wer oder was versucht, die deutschen Vertriebenen auf ein Abstellgleis
der Geschichte zu schieben?". Zu diesem Thema wurde er angeregt durch das Scheitern des Versuchs des BdV, ein deutsches
(im Gegensatz zu einem von den Vertreiberstaaten beeinflussten) Zentrum gegen Vertreibungen zu errichten. Letztere Tatsache
zeugt von der politischen Ohnmacht der deutschen Vertriebenen, die damit der Gefahr ausgesetzt sind, ad infinitum auf einem
Abstellgleis der Geschichte zu landen.
Die Ursache dafür könnte das 1999 entstandene Gerücht sein,
jeder neu gewählte Bundeskanzler müsse vor Ablegung seines Amtseids in den Vereinigten Staaten vorstellig werden,
um dort die sogenannte Kanzlerakte zu unterzeichnen. Das tatsächliche Vorliegen der "Kanzlerakte" schien Generalmajor
a.D. Gerd-Helmut Komossa in seinem 2007 erschienene Buch "Die deutsche Karte-Das versteckte Spiel der geheimen Dienste"
zu bestätigen. Dort schreibt er auf Seite 21, ohne Gebrauch vom einschränkenden Konjunktiv zu machen: "Der
Geheime Staatsvertrag vom 21. Mai 1949 wurde vom Bundesnachrichtendienst unter ›Strengste Vertraulichkeit‹ eingestuft.
In ihm wurden die grundlegenden Vorbehalte der Sieger für die Souveränität der Bundesrepublik bis zum Jahre
2099 festgeschrieben, .... Danach wurde einmal mehr ›der Medienvorbehalt der alliierten Mächte über deutsche
Zeitungs- und Rundfunkmedien‹ bis zum Jahr 2099 fixiert. Zum anderen wurde geregelt, daß jeder Bundeskanzler
Deutschlands auf Anordnung der Alliierten vor Ablegung des Amtseides die sogenannte ›Kanzlerakte‹ zu unterzeichnen
hatte".
Im Hinblick auf den dominierenden Einfluss Israels auf die US Politik (siehe z.B. J. Mearsheimer and
J. Walsh "The Israel Lobby and US Foreign Politics"; T. Dalton "Debating the Holocaust") wäre das
das perfekte Drehbuch für die Unterwürfigkeit/Zahlungswilligkeit Berlins gegenüber Jerusalems. Jedoch wird
die Existenz der besagten >Kanzlerakte< von Dr. Claus Nordbruch in einem Internetbeitrag "Die Kanzlerakte - Agitation
unter falscher Flagge" (http://www.nordbruch.org.artikel/ aKanzlerakte.html) ernsthaft und überzeugend in
Frage gestellt.
Allerdings argumentiert Nordbruch weiter: "(Es) spricht vieles dafür, daß die Regierungen
der BRD nicht zum Wohle Deutschlands handeln. Die einseitige, vom Strafgesetzbuch geschützte Geschichtsschreibung gehört
in diesem Zusammenhang ebenso erwähnt wie beispielsweise eine seit Jahrzehnten betriebene Einwanderungspolitik, die offenbar
darauf ausgerichtet ist, Deutschland demographisch und kulturell zu verändern. Beispiele sind die zunehmende Islamisierung
des Herzens Europas bei gleichzeitiger Verstärkung prozionistischer Positionen, das stete Abwandern deutscher Eliten
aus Deutschland, das Absinken großer Bevölkerungsschichten in die Armut oder der Einsatz deutscher Soldaten außerhalb
deutscher Grenzen. Nur bedarf es keiner Flucht in abstruse Verschwörungstheorien, um die Gründe und Ursachen
dieser verheerenden Entwicklungen zu erklären! Eine Analyse des Fundaments, auf dem die BRD aufgebaut ist, führt
zu den gesuchten Antworten . Wir sprechen hier von der Akzeptanz und Verfechtung der Doktrin von der doppelten Kollektivschuld
der Deutschen. Dies ist das Selbstverständnis der BRD!"
Als Beweise zitiert Nordbruch (a) den Politikwissenschaftler
Theodor Eschenburg, der bereits vor vielen Jahrzehnten die Basis, auf welcher der westdeutsche Staat nach dem Krieg aufgebaut
wurde, wie folgt formulierte: "Die Erkenntnis von der unbestrittenen und alleinigen Schuld Hitlers ist vielmehr eine
Grundlage der Politik der Bundesrepublik"; (b) den 1938 nach Britannien emigrierten Publizisten Sebastian Haffner (eigentlich
Raimund Pretzel), der als eindringlicher Befürworter der deutschen Teilung maßgeblich an der Umerziehung des deutschen
Volkes beteiligt gewesen ist, der sagte: "Wer am heutigen Status quo (gemeint war das als volkspädagogisch wertvoll
erachtete Geschichtsbild) rüttele, der bedrohe die Grundlagen des europäischen Friedens; (c) den Bundestagspräsidenten
Philipp Jenninger, der in seiner Bundestagsrede vom 9. November 1988 bekannte, daß sich alle politischen Fragen in der
Bundesrepublik Deutschland "im vollen Bewußtsein um Auschwitz" drehen; (d) den ehemaligen Landgerichtspräsidenten
Rudolf Wassermann, der 1994 sekundierte: "Wer die Wahrheit über die nationalsozialistischen Vernichtungslager leugnet,
gibt die Grundlagen preis, auf denen die Bundesrepublik Deutschland errichtet worden ist. [...] Wer Auschwitz leugnet, greift
nicht nur die Menschenwürde der Juden an, er rüttelt auch an den Grundfesten des Selbstverständnisses dieser
Gesellschaft"; (e) Joschka Fischer, der bereits 1987 "Auschwitz als Staatsräson" bezeichnete. Als Außenminister
bekräftigte er seine Ansicht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 18. Februar 1999: "Alle Demokratien
haben eine Basis, einen Boden. Für Frankreich ist das 1789. Für die USA die Unabhängigkeitserklärung.
Für Spanien der Spanische Bürgerkrieg. Nun, für Deutschland ist das Auschwitz. Das kann nur Auschwitz sein.
Die Erinnerung an Auschwitz, das ›Nie-mehr Auschwitz‹, kann in meinen Augen das einzige Fundament der neuen
Berliner Republik sein."
Entsprechende Erklärungen gibt es unzählige jüngere, u.a. auch von Bundeskanzlerin
Merkel und dem früheren Bundespräsidenten von Weizsäcker. Die Geisteshaltung der Repräsentanten dieses
Systems und die Folgen ihrer Taten sind dementsprechend. Nordbruch schliesst: "Diese Einschätzung ist richtig -
diese Fehlentwicklungen konnten aber nur auf dem Nährboden entstehen und gedeihen, der das Fundament der BRD genannt
wird! Einer "Kanzlerakte" bedurfte es hierbei nicht. Und Komossa sekundiert (auf Seite 206): "Die Vergangenheit
der Völker kann nicht ausgelöscht werden wie ein falsch geschriebenes Wort auf der Schultafel im Geschichtsunterricht.
Wir müssen und werden mit ihr leben. Und wir müssen, und wir dürfen uns nicht gegenseitig die Schuld zuweisen,
sondern Schuld erkennen, Sünde selbst bereuen und auch anderen vergeben. Christen sollten dazu in der Lage sein. Die
Vergebung ist ein Grundelement christlichen Glaubens. So lange aber deutsche Politiker in höchsten Staatsämtern
das eigene Land nicht lieben und wegen einer zwölfjährigen dunklen Phase auf seine grossartigen Leistungen in mehr
als zweitausendjähriger Geschichte nicht stolz sein können bzw. es nach eigenem Bekunden sogar hassen, ist eine
sachliche Erforschung der deutschen Geschichte des vergangenen Jahrhunderts behindert".
Mit anderen Worten:
Die Unterwürfigkeit der Bundesrepublik Deutschland gegenüber Israel bedarf keines Umwegs über Washington. Solange
eine sachliche Erforschung der deutschen Geschichte des vergangenen Jahrhunderts behindert ist, wird Deutschland ungehindert
um Holocaust-Wiedergutmachungsleistungen erpresst werden können, und dürfen die deutschen Vertriebenen keiner Opfer
sein und müssen auf einem Abstellgleis der Geschichte verharren.
Nach seinem Vortrag führte
Pueschel den Film "The Forgotten Genocide/Der Vergessene Völkermord" vor. Er ist eine Ann-Morrison-Production
und stellt von Studenten des Meramec College, St. Louis, gesammelte Lebensberichte von aus dem Balkan vertriebenen und nun
in USA ansässigen Volksdeutschen dar. Er ist ein Beispiel einer mit geringen Mitteln machbarer visuellen Illustration
alliierter Nachkriegsverbrechen, die insbesondere in USA zum grössten Teil unbekannt sind, was dem Film besondere Bedeutung
verleiht.
Ein Tag des Seminars wurde einer Tagesreise nach Aussig gewidmet. Aus Anlass des 65. Jahrestags
des Pogroms von Aussig am 31. Juli 1945 hielt Gerolf Fritsche (Offenbach) auf der Todesbrücke (auch
als Edvard Benesch Brücke bekannt) eine Gedenkrede (abgedruckt an anderem Ort), gefolgt von der Niederlegung eines von
Fred Hoffmann (Barcelona) gestifteten Kranzes, dessen Schleife die Aufschrift trägt: "Den deutschen
Toten Aussigs - Der Internationale Willi Wanka Kreis". (Es darf kein Zweifel aufkommen, welcher Nation die Opfer des
Pogroms angehörten, im Gegensatz zur der am Brücken geländer angebrachten tschechischen Gedenktafel).
Ein nach der Gedenkrede zufällig über die Brücke gehender junger Tscheche kam ganz spontan auf eine
unserer Teilnehmerinnen zu und bekundete seine Anteilnahme, indem er ihre Hand ergriff und "moje soustrast" sagte,
was übersetzt "mein Beileid" heisst. Das ist ein kleines aber bedeutendes Zeichen, dass bei manchen jungen
Tschechen ein Umdenken stattgefunden hat.
Während eines Besuches des Collegium Bohemicums erklärte
seine Direktorin, Blanka Mouralova, den Zweck des Instituts, nämlich die tschechisch-deutsche Geschichte
aufzuarbeiten und zu präsentieren.
Der Aussig Besuch endete mit Bewirtung mit Kaffee und Kuchen
durch den Kulturverband der Deutschen in Aussig. Erich Lederer schilderte die Geschichte des Kulturverbandes
und seine eigene; Jaroslav Haider präsentierte Ideen über "Vertreibungsgeschichte als provokative
Theaterstücke, und Jiři Riezner schilderte eine Bürgerinitiative zur Erhaltung und Wiederherstellung
deutscher Gräber im Adlergebirge. Die Begegnung mit dem Kulturverband wurde von Peter Barton, dem Leiter
des Sudetendeutschen Büros in Prag, organisiert und geleitet. Die Sudetendeutsche Zeitung berichtete darüber in
Folge 23 am 11. Juni 2010.
Eine besondere Ehrung wurde dem Vorsitzenden zuteil, als die Rückreise
über seinen Heimatort Peterswald im Erzgebirge geleitet wurde.
RP
[1] Dr. Tomislav (Tom) Sunic (www.tomsunic.info) ist kroatisch-amerikanischer Schriftsteller, ehemaliger Professor der Politwissenschaften
in USA, Übersetzer und ehemaliger Diplomat Kroatiens. Sein neuestes Buch ist Postmortem Report; Cultural Examinations
from Postmodernity mit einem Vorwort von Prof. Kevin Macdonald. Sein Buch Croatie; un pays par défaut?
befasst sich mit der Bedeutung der Identität in der Postmoderne und wird bald im Verlag Avatar, Paris erscheinen.
[2] Dr. Rudolf Pueschel ist Heimatvertriebener (1946), Ostzonenflüchtling (1954) und US Emigrant (1962). Er ist ein zum
Humanisten gewandelter Naturwissenschaftler (1989) aufgrund der Erkenntnisse 1. des Ausmasses der nach dem Zweiten Weltkrieg
von den alliierten Siegermächten an der deutschen Zivilbevölkerung begangenen völkerrechtswidrigen Verbrechen
und 2. des unheilbaren seelischen Schmerzes, den die Heimatvertreibung seiner Mutter bereitete. Auf der darauf folgenden Wahrheitssuche
kam er 2001 mit dem Internationalen Willi-Wanka-Kreis in Berührung, dessen Vorsitzender er seit 2003 ist.
Zur
Situation in der Stadt Aussig im Juli 2010
1.1936
wurde in Aussig die erste Straßenbrücke über die Elbe geschlagen. Mit wenigen Unterbrechungen hieß sie
bis heute Beneschbrücke. Eduard Benesch überzeugte während des Krieges die maßgeblichen Alliierten von
der Notwendigkeit der Vertreibung der Sudetendeutschen. 1945 war er der Motor zuerst der wilden, dann der endgültigen
Vertreibung in der Regel auf inhumane Weise. Am 31. Juli 1945 stand die Beneschbrücke sogar im Mittelpunkt eines Pogroms
an den Deutschen zur Zeit der wilden Vertreibung.
Ist
es im Sinne der aufrichtigen Verständigung zwischen den Völkern, den Namen dieser Brücke in Erinnerung an einen
maßgeblichen Vertreiber auch heute noch beizubehalten?
2. Der Oberbürgermeister der Stadt während
der Errichtung der Brücke und bei der Eröffnung 1936 war Leopold Pölzl. In diesem Amt diente er der Stadt damals
bereits ein zweites Mal. Er gehörte der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (DSAP) an. Obwohl um seine Gefährdung
wissend, begab er sich 1938 nicht auf die Flucht, sondern blickte der Gefahr, die besonders ihm drohte, ins Auge. Er gehörte
sicher zu den mutigsten Personen, die im letzten Jahrhundert in Aussig lebten. Seinen aufrichtigen Mut bezahlte er 1944 mit
dem Leben. Heute gedenkt die Stadt Ústí seiner erfreulicher Weise durch eine Gedenktafel am Rathaus. Hoch angebracht
ist sie dem Auge jedoch so weit entrückt, dass nur der Interessierte sie mit Fernglas lesen könnte. Dass Leopold
Pölzl eine bedeutende deutsche Persönlichkeit sogar noch der Zeitgeschichte war, erkennt man an der tschechischen
Inschrift dennoch nicht.
Ist es im Sinne der aufrichtigen
Verständigung zwischen den Völkern, das Wissen um Leopold Pölzls Bedeutung im öffentlichen Raum zu behindern
und seine Zugehörigkeit zu seiner Volksgruppe in Ústí nad Labem weiterhin zu verschweigen?
3. Bereits im Juni 1945
wurde in Aussig-Lerchenfeld ein Flakausbildungslager in ein Internierungslager vor allem für Deutsche umgewandelt. Von
der verantwortlichen Miliz wurde es so geführt, dass alle Kriterien eines KZs erfüllt waren. Über 200 Tote
sind zu beklagen, in der übergroßen Mehrzahl solche, die im Sinne jeden zivilen Strafrechts unschuldig waren. Heute
steht im Bereich des Nachkriegs-KZs der neue Stadtteil Severní Terasa.
Ist
es im Sinne der Verständigung zwischen den Völkern, dass noch heute keine Tafel, kein Gedenkstein an diese Stätte
des Leidens erinnert?
4.
Der Stadtteil Schöbritz (Všebořice) hat sich nach der Wende sehr stark verändert. Größte
Einkaufszentren wurden errichtet. 1945/46 unterhielt die tschechische kommunale Miliz in dem Ortsteil eines der größten
Vertreibungslager Nordböhmens.
Ein Großteil
der deutschen angestammten Bevölkerung Nordböhmens musste von hier aus den Weg in eine ungewisse Zukunft antreten
Ist es im Sinne der Verständigung zwischen den Völkern,
dass noch im Jahre 2010 kein Gedenkstein, kein Zeichen auf dem Stadtplan am Lidické Platz darauf hinweist?
5. In Kleische (Klíše)
betrieb die deutsche Stadt Aussig jahrhundertelang den Stadtfriedhof. Die meisten Einwohner, auch viele Tschechen, wurden
dort begraben. Im Temno der stalinistischen Nachkriegszeit, das auch Aussig nicht verschonte, wurde der Friedhof abgeräumt.
Ein verlässlicher Nachweis eventueller Massengräber – auch im Zusammenhang mit dem Pogrom vom 31. Juli 1945
- unterblieb. Die Fundamente einer idyllischen Berufsschule sind in den Gräberfeldern gegründet. Auch der mündige
tschechische Stadtbürger von heute findet keine Spur des Friedhofs mehr.
Ist
es im Sinne der Pietät und der Verständigung zwischen den Völkern, einen bedeutenden Begräbnisort aus
dem Stadtbild auch ohne die Spur einer Gedenktafel verschwinden zu lassen?
6. Aussig war jahrhundertelang eine in überwiegender
Mehrheit von Deutschen bewohnte Stadt. 1910 betrug der tschechische Anteil 5,4%. Der Bevölkerungsaustausch 1945 war der
größte Einschnitt in der Geschichte der Stadt. Seit Jahrzehnten gibt die Stadt in Touristeninformationen auch historische
Überblicke zur Stadtgeschichte heraus. In keinem – auch in neueren - wird das Geschehen der Vertreibung erwähnt,
geschweige denn auch nur annähernd die Einordnung zuteil, die dem Streben um Wahrheit angemessen wäre.
Ist es im Sinne der Verständigung zwischen den Völkern,
in der Geschichte der Stadt das zeitgeschichtliche Faktum der Vertreibung systematisch zu beschweigen und faktisch dem Vergessen
anheim fallen zu lassen?
In der Stadt Aussig
wird in diesen Wochen und Monaten ein Museum zum Thema der „Deutschen in den böhmischen Ländern“ errichtet.
Es soll bereits 2011 eröffnet werden. Das ist ein löbliches Unterfangen. Für 12,5 Mio € entsteht ein Museum
mit 1500 m2 Ausstellungsfläche. Von der Dimension her wird es immerhin halb so groß sein wie das geplante in Berlin.
Es ist auch erfreulich, dass hierfür Gelder der EU zur
Verfügung gestellt werden, aber nur dann erfreulich, wenn das Museum in seiner Zielsetzung auf Verständigung gerichtet
ist und wenigstens das Bemühen um Wahrheit sichtbar wird. Es verliert dann seinen Sinn und seine Berechtigung, wenn sich
darin nur das politische Klima der Stadt spiegelt, das leider immer noch bestimmt ist durch politische Rechthaberei und durch
Beschweigen wichtiger Fakten. Dazu gehört die Wahrheit, dass es in einer Stadt entsteht, in der der
eindeutige Initiator der Vertreibung eben dieser Deutschen im Brückennamen immer noch gefeiert wird.
Franz Gissau